Gesundheitsförderung in Kindertageseinrichtungen

Antje Richter-Kornweitz , Christina Kruse

(letzte Aktualisierung am 11.01.2024)

Zitierhinweis: Richter-Kornweitz, A. & Kruse, C. (2024). Gesundheitsförderung in Kindertageseinrichtungen. In: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) (Hrsg.). Leitbegriffe der Gesundheitsförderung und Prävention. Glossar zu Konzepten, Strategien und Methoden.

https://doi.org/10.17623/BZGA:Q4-i039-3.0

Zusammenfassung

Gesundheitsförderung in Kindertageseinrichtungen (Kitas) setzt im Alltag an: Sie soll Lebens- und Arbeitsbedingungen in der Einrichtung berücksichtigen und ein positives Konzept von Gesundheit vermitteln. Ziel ist es, die Kita zu einer gesunden Lebenswelt zu machen. Im Mittelpunkt steht dabei ebenso die Förderung von gesundheitsrelevanten Einstellungen und Verhaltensweisen, wie die Entwicklung der nötigen Rahmenbedingungen bzw. Lebensverhältnisse. Zwischen beidem bestehen enge Wechselwirkungen.

Das Themenspektrum reicht dabei von Ernährung, Bewegung, Hygiene und Sprachförderung bis hin zu Sucht- und Gewaltprävention, Umwelt, Natur und Klima. Die kontinuierliche Zusammenführung und Weiterentwicklung der Aktivitäten in den verschiedenen Handlungsfeldern sind zentral für die Förderung des gesunden Aufwachsens.

Schlagworte

Gesundheitsförderung, Setting Kita, Kinder, Beschäftigte, Eltern


Kindertageseinrichtungen (Kitas) haben in den letzten Jahrzehnten – besonders zwischen 2008 und 2018 – kontinuierlich an Bedeutung für das Aufwachsen von Kindern bis zum Alter von sieben Jahren gewonnen. Das lag nicht zuletzt am 2013 eingeführten Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab einem Jahr. Anhand weniger Punkte lassen sich die gestiegene Bedeutung aber auch weiterer Handlungsbedarf verdeutlichen (vgl. Bertelsmann Stiftung 2019; Autorengruppe Fachkräftebarometer 2023):

  • Die Anzahl institutionell betreuter Kinder ist gewachsen; bei den unter 3-Jährigen hat sie sich im genannten Zeitraum mehr als verdoppelt.
  • Der Betreuungsumfang der Kinder durch die Institution ist gestiegen, durch einen tendenziell früheren Alterseinstieg sowie längere wöchentliche Betreuungszeiten in den Einrichtungen.
  • Den anhaltenden Debatten um den Ausbau der Kindertagesbetreuung, um Qualitätsstandards in der Frühen Bildung sowie Professionalisierung oder auch Akademisierung steht neben einem hohen Fachkräftebedarf jedoch ein zunehmender Fachkräftemangel gegenüber.

Mit der gestiegenen Bedeutung der Kindertagesbetreuung gehen zahlreiche Erwartungen und Anforderungen an die Beschäftigten innerhalb einer Kita einher. Der Auftrag pädagogischer Fachkräfte umfasst vielfältige Tätigkeiten und Kompetenzen im Sinne eines klassischen und professionellen pädagogischen Handelns. Er beinhaltet die individuelle Förderung der Kinder durch frühkindliche Bildung und zuverlässige Betreuung und Erziehung, wobei ein enger Zusammenhang von Bildung, Gesundheit und Wohlbefinden besteht. Die Berücksichtigung der Grundbedürfnisse nach gesunder Ernährung, ausreichender Bewegung, nach genügend Schlaf, Ruhe und sozialer Eingebundenheit gehören ebenso dazu wie die Förderung von Exploration, Autonomieempfinden und von Gefühlen der Selbstwirksamkeit (Rönnau-Böse, Strohmer & Fröhlich-Gildhoff 2018; Lipowski, Spiekermann & Fuchs-Rechlin 2020).

Die pädagogischen Fachkräfte sehen sich mit unterschiedlichsten Erwartungen konfrontiert – bei knappem Personalschlüssel und vergleichsweise geringer Bezahlung. Für zahlreiche Erzieherinnen und Erzieher verstärkten sich diese Probleme während der COVID-19-Pandemie: Viele erkannten die besondere Bedeutung der täglichen Betreuungszeiten für die kindliche Entwicklung und das Wohlbefinden der Kinder in der Pandemie. Sie erlebten daher den Umgang mit politischen Auflagen, den ständig wechselnden Modalitäten und die schwierige Ausübung von Alltagsroutinen als starke Belastung. Gleichzeitig spürten viele Fachkräfte eine geringe Anerkennung und Wertschätzung ihres Berufs und ihrer Leistung, da ihre Berufsgruppe zunächst nicht als „systemrelevant“ galt und sie etwa bei Impf-Priorisierung und kostenfreien Tests nicht von Anfang an zu den besonders ansteckungsgefährdeten Gruppen gezählt wurde (Lattner 2022).

Bei der Anzahl an Anforderungen und Erwartungen an das pädagogische Fachpersonal stellt sich – angesichts von Krisenzeit oder Alltag – deshalb auch die Frage, wie das Thema Gesundheit durch Erzieherinnen und Erzieher umfassender und kontinuierlicher in den Kita-Alltag eingebracht werden kann.

Warum Gesundheitsförderung in der Kita?

Im Kindesalter werden zentrale Weichen für die weitere Entwicklung einer guten körperlichen und psychischen Gesundheit gestellt. Die Fähigkeiten und Chancen, im weiteren Leben gesundheitliche Potenziale zu nutzen oder Risiken zu vermeiden, hängen wesentlich davon ab, welche Kompetenzen und Orientierungen in den frühen Lebensphasen vermittelt werden konnten (vgl. Schlack, Kurth & Hölling 2008 und Lampert & Kuntz 2015). Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheitschancen sollten daher so früh wie möglich im Lebenslauf beginnen. Kitas stellen dafür einen geeigneten Settingansatz/Lebensweltansatz dar.

Trotz einer insgesamt positiven Bilanz der Kindergesundheit in Deutschland (vgl. Kuntz, Rattay, Poethko-Müller, Thamm, Hölling & Lampert 2018) gibt es bei etwa 20 % der Mädchen und Jungen gesundheitliche Auffälligkeiten (vgl. Poethko-Müller, Kuntz, Lampert & Neuhauser 2018). Im Vorschulalter (drei bis sechs Jahre) zählen dazu Entwicklungsauffälligkeiten in den Bereichen Sprache, Bewegung, Ernährung und Verhalten (vgl. RKI 2018, RKI 2007 sowie RKI & BZgA 2008). Besondere Risiken bestehen hier für Kinder, wenn ihre Familien mehrfach belastet sind, etwa durch niedriges Einkommen und/oder Arbeitslosigkeit, eine hohe Kinderzahl, soziale Isolation, Migrationsgeschichte und schwieriges Wohnumfeld. Die daraus resultierenden Lebensbedingungen können die weitere körperliche, psychische und soziale Entwicklung ungünstig beeinflussen. Die frühe Inanspruchnahme von frühkindlichen Bildungs- und Betreuungsangeboten kann diesen Risiken entgegenwirken (Jessen, Schmitz, Spieß & Waights 2018).

Die wiederholten Kita-Schließungen während der COVID-19-Pandemie haben als Verstärker gewirkt: Der „im Pandemieverlauf häufig mehrmalige Wechsel von der institutionellen in die in der Regel familial organisierte Betreuung führte bei KiTa-Kindern zu einem sinkenden Wohlbefinden und vermehrtem Einsamkeitserleben“ (Kuger et al. 2022, S. 69). Durch diese Studienergebnisse wird die Relevanz einer konstanten und qualitativ hochwertigen institutionellen Bildungs- und Betreuungsarbeit für ein gesundes Aufwachsen von Kindern unterstrichen (ebd.).

Vom Thema „Gesundheitsförderung in der Kita“ zum Handlungsprinzip gesundheitsfördernde Lebenswelt

Gesundheitsbezogenes Handeln in den Bereichen Bewegungsförderung, Hygiene und Ernährung gehört in vielen Kitas zu den Alltagsroutinen. Weitere Maßnahmen aus dem Handlungsfeld Kindergesundheit – wie Sucht- und Gewaltprävention, Sprachförderung, Bewegungskurse etc. – werden zudem oft von außen an die Einrichtungen als einzelne, zeitlich aufeinander folgende und abgegrenzte Projekte herangetragen. Kitas werden so zum Zugangsweg für gesundheitsfördernde Maßnahmen und Angebote anderer, oft jedoch ohne die Möglichkeit zur nachhaltigen Verankerung.

Projektanbieter können einzelnen Kitas vorschlagen, mit Schulen oder anderen Einrichtungen zusammenarbeiten oder auch mehrere Kitas in einem größeren Projekt zusammenführen. Dabei hängt der Erfolg nicht allein von der Qualität der Konzepte oder der Qualifikation der Durchführenden ab, vielmehr wird er entscheidend von den Rahmenbedingungen der Kita (Einrichtungsgröße, personelle Ressourcen, räumliche Bedingungen, soziale Lage im Umfeld, Träger, Arbeitsansatz etc.) beeinflusst. Vor Projektstart sollte daher eine gründliche Analyse von Rahmenbedingungen und Projektmerkmalen sowie eine Anpassung an einrichtungsspezifische Gegebenheiten stattfinden.

Insofern ist Gesundheitsförderung in Kitas weit mehr als die projekthafte Auseinandersetzung mit dem Thema Gesundheit, denn sie setzt im Alltag an und nimmt Bezug auf die jeweilige spezifische Situation vor Ort. Im Mittelpunkt steht dabei nicht nur die Förderung von gesundheitsrelevanten Einstellungen und Verhaltensweisen, sondern auch die Entwicklung der nötigen (strukturellen) Rahmenbedingungen bzw. Verhältnissen.

Zur Gesundheitsförderung in Kindertageseinrichtungen gehören Angebote und Aktivitäten für alle, die sich dort regelmäßig aufhalten (z. B. Leitung, Erzieherinnen und Erzieher, Kinder, Eltern) sowie die Zusammenarbeit mit relevanten Institutionen und Einzelpersonen im sozialen Umfeld der Einrichtung (Schulen, Tageseltern, Familien- bzw. Nachbarschaftszentren, Sportvereine etc.). Das Ziel ist, die Kita zu einer gesundheitsfördernden Lebenswelt zu machen (vgl. Richter-Kornweitz & Altgeld 2015; Richter-Kornweitz 2020): Damit wird Gesundheitsförderung vom (Projekt-)Thema zum Handlungsprinzip der gesamten Einrichtung weiterentwickelt.

Über die Funktion als Projektnehmer hinaus können Kitas somit zum Impulsgeber und Ausgangspunkt von umfassenden gesundheitsfördernden Aktivitäten werden, vorausgesetzt sie wählen ein prozessorientiertes, systematisches Vorgehen nach dem Settingansatz/Lebensweltansatz und dem Public Health Action Cycle. Zu den Zielen einer Gesundheitsförderung im Setting Kita gehört es,

  • das gesamte Lebens- und Arbeitsumfeld gesundheitsförderlich zu gestalten und
  • die Gesundheitsressourcen und -kompetenzen von Beschäftigten, Kindern und Eltern zu stärken und ihnen ein positives Konzept von Gesundheit zu vermitteln.

Die vier Handlungsfelder der Gesundheitsförderung im Setting Kita

Indem Gesundheit als Organisationsziel in allen regelmäßig wiederkehrenden Alltagsroutinen und Bildungsangeboten verankert wird, kann dieser Prozess nicht nur zur Gesundheitsförderung, sondern auch zur Steigerung der Bildungs- und Erziehungsqualität beitragen. Ziele sind dabei, eine umfassende Beteiligung sicherzustellen und einen positiven Veränderungsprozess in Gang zu setzen, von dem die gesamte Einrichtung mit allen Akteurinnen und Akteuren profitiert. (vgl. Geene, Richter-Kornweitz, Strehmel & Borkowski 2016 sowie Rönnau-Böse, Strohmer & Fröhlich-Gildhoff 2018).

1. Beschäftigte

Settingorientierte Gesundheitsförderung nimmt die arbeitsbedingte gesundheitliche Situation der Beschäftigten in den Blick (Betriebliche Gesundheitsförderung). Deren Arbeitsalltag ist durch eine Vielzahl von Belastungsfaktoren, aber auch durch besondere Gesundheitspotenziale geprägt. Vieles davon ist strukturell und organisatorisch mit der Arbeitsorganisation und den Räumlichkeiten verbunden. Hinzu kommen Belastungen der Beschäftigten durch Lärm, ungünstige Körperhaltungen und schweres Tragen und Heben sowie psychische Belastungen und emotionale Stressoren. Infolgedessen treten insbesondere Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, allgemeine nervöse Überlastung und Kreislaufbeschwerden auf.

Auf der anderen Seite nennen Erzieherinnen und Erzieher als Ressourcen eine hohe Identifikation mit ihrer Tätigkeit, ein hohes Potenzial für Kreativität im Arbeitsprozess und für selbstständige Planung, hohe Kollegialität und gute Möglichkeiten zur beruflichen Weiterqualifizierung (vgl. Alice-Salomon-Hochschule Berlin & Unfallkasse Nordrhein-Westfalen 2013 und Viernickel, Voss & Mauz 2017; Voss & Schumann 2020). Konzepte zur Gesundheitsförderung im Setting Kita greifen diese Aspekte auf. Vorschläge zur Verbesserung werden mittels partizipativer Methoden gemeinsam mit den Beschäftigten entwickelt und mit ihrer Beteiligung umgesetzt.

2. Kinder

Der Auftrag zur Gesundheitsförderung lässt sich implizit auch aus dem im Sozialgesetzbuch VIII formulierten Auftrag der Kitas herauslesen, die Eltern in der Bildung, Betreuung und Entwicklung ihres Kindes zu unterstützen (DJI & WiFF 2020). Damit einher geht die Förderung einer gesunden seelischen, physischen und sozialen Entwicklung, die insbesondere durch ein umfassendes Verständnis von Gesundheitsförderung mit Kindern begünstigt werden kann. Dazu zählen zentrale Kategorien wie Beziehungsaufbau und -gestaltung, Alltags- und Situationsgestaltung, Raumgestaltung und Materialauswahl, Beobachtung und Dokumentation sowie pädagogische Angebote für die Gesundheitsbildung (ebd., S. 9). Bis auf die letzte Kategorie entsprechen sie grundsätzlichen Aufgaben der pädagogischen Arbeit in der Kita – können aber unter entsprechenden Blickwinkel mehr oder weniger gesundheitsförderlich ausgestalten werden.

Insbesondere gilt mit Blick auf die Entwicklungsförderung benachteiligter Mädchen und Jungen durch gesundheitsfördernde Maßnahmen (vgl. auch de Bock & Sachse 2017):

  • Zur effektiven individuellen Förderung von benachteiligten Kindern muss bei den Kompetenzen von Erzieherinnen und Erzieher angesetzt werden.
  • Äußere und prinzipiell wichtige Rahmenbedingungen wie das Vorhandensein eines Bewegungsraums oder eines großen Gartens reichen allein nicht aus. Als entscheidend erweist sich oft die aktive Förderung der Nutzung dieser Bewegungsmöglichkeiten durch die zuständige pädagogische Fachkraft.
  • Eltern sollten als wichtige Bezugspersonen und Vorbilder ihrer Kinder aktiv in Maßnahmen z. B. der Förderung von Ernährung und Bewegung einbezogen werden. Partizipative Ansätze können dabei neue und effektivere Möglichkeiten der Förderung eröffnen.

3. Eltern

Die Zusammenarbeit mit Eltern ist ein zentrales Handlungsfeld der Gesundheitsförderung in Kitas, da Kinder auch über die Unterstützung ihrer Eltern gefördert werden können. Außerdem kann mehr Nachhaltigkeit erreicht werden, wenn der Transfer von Wissen und Kompetenzen von der Kita in die Familie begleitet wird. Prinzipien dieser Arbeit sind Partizipation (Partizipation: Mitentscheidung der Bürgerinnen und Bürger) und Empowerment/Befähigung als grundlegende Haltungen gegenüber den Eltern und ihrer individuellen Lebensrealität, außerdem die Verwirklichung eines vertrauensvollen und offenen Dialogs zur Ermittlung des Bedarfs von Familien. In diesem Zusammenhang hat in den letzten Jahren das Konzept der Armutssensibilität an Bedeutung gewonnen (Holz 2021). Des weiteren stellt das Curriculum „Gesund aufwachsen in der Kita – Zusammenarbeit mit Eltern stärken“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Materialien zur Verfügung (vgl. Fröhlich-Gildhoff, Richter-Kornweitz, Musiol & Wünsche 2014 und Richter-Kornweitz & Wächter 2014).

Die in den verschiedenen Handlungsfeldern genannten Anforderungen an Haltung und Handeln sollten die Arbeit von pädagogischen Fach- und Leitungskräfte prägen und in der Konzeption der Einrichtung verankert sein.

4. Umfeld

In dieses Handlungsfeld fallen alle Aktivitäten der Einrichtung zur Vernetzung und Kooperation im sozialen Umfeld, d. h. mit räumlich und fachlich benachbarten Institutionen und Vernetzung. Dazu gehören Partner wie der Öffentliche Gesundheitsdienst (Öffentlicher Gesundheitsdienst [ÖGD] und Gesundheitsförderung), die Institutionen und Angebote der Kinder- und Jugendhilfe (u. a. Frühen Hilfen; Präventionskette – Integrierte kommunale Gesamtstrategie zur Gesundheitsförderung und Prävention), therapeutische und beratende Einrichtungen, Ärztinnen und Ärzte, Familienbildung und Schulen (vgl. Richter-Kornweitz & Kruse 2018).

Ein wichtiges Ziel ist der Austausch von Kompetenzen, Leistungen und Erfahrungen, die das fachliche Profil der Kita ergänzen können. Denkbar ist neben der Zusammenarbeit mit den bereits genannten Institutionen sowie Akteurinnen und Akteuren die Kooperation mit Sportvereinen, Kultureinrichtungen, Beratungsstellen und/oder Nachbarschaftszentren. Im besten Fall umfasst dies auch die Zusammenarbeit in einer Präventionskette – Integrierte kommunale Gesamtstrategie zur Gesundheitsförderung und Prävention (vgl. Richter-Kornweitz & Kruse 2018). Diesen Schwerpunkt benennt auch die Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) fünf Handlungsfelder der Gesundheitsförderung in Kitas (DJI & WiFF 2020):

  • Kind(er)
  • Eltern/familiäres Umfeld
  • Sozialraum
  • Pädagogische Fachkraft
  • Organisation

Darin wird die Ausweitung der Arbeit der Einrichtung über die eigenen institutionellen Grenzen hinweg in den Sozialraum nicht einseitig, sondern als Teil einer integrierten kommunalen Strategie verstanden. Dies zielt auf eine stärkere Einbettung der Kitas als Regelinstitutionen in die lokale Präventionsketten-Arbeit und damit auch die Prävention von Armutsfolgen ab (ebd.).

Fazit: Gesundheitsförderung in der Kita kennt keine Grenzen

Am Beispiel von Bewegungsförderung wird deutlich, wie umfassend Gesundheitsförderung in der Kita gedacht werden kann. Bewegung kann zum einen unter Nutzung aller Räumlichkeiten der Kita und des eventuell vorhandenen Gartens durchgeführt werden. Wenn nur wenig geeigneter Raum verfügbar ist, besteht die Möglichkeit, die Räume mit verwendungsoffenen Materialien bewegungsförderlicher zu gestalten und Freiflächen im näheren Umfeld zu nutzen. Das Beispiel Bewegungskindergärten, das von Landessportbünden und verschiedenen Landesregierungen unterstützt wird, zeigt die weiterführende Potenziale von Gesundheitsförderung in der Kita und der Kooperation mit Partnern im sozialen Umfeld. So können aufgrund eines objektiv festgestellten Bedarfs (z. B. motorische Auffälligkeiten bei den Schuleingangsuntersuchungen) oder eines subjektiv geäußerten Bedürfnisses von Kindern, Eltern oder Fachkräften Bewegungsangebote in Kooperation mit örtlichen Sportvereinen durchgeführt oder eigene Konzepte erarbeitet werden. Erzieherinnen und Erzieher erwerben eine Übungsleiterlizenz, die Kita kann Angebote zum Eltern-Kind-Sport initiieren. Im Rahmen von Einzelaktionen können sich Eltern an der bewegungsfreundlichen Umgestaltung des Freigeländes beteiligen. Vor allem große Träger von Kitas können außerdem betriebsinterne Bewegungsangebote für Beschäftigte organisieren.

Anhand der genannten Handlungsfelder gesundheitsfördernder Kitas wird deutlich: Gesundheitsförderung in Kitas sollte nicht als kurzfristiges, isoliertes Projekt oder als zusätzliches Angebot gedacht, sondern als Teil einer prozessualen Organisationsentwicklung (DJI & WiFF 2020) verstanden werden. Dafür benötigen Fachkräfte ausreichend Ressourcen (Geld, Zeit, Qualifizierung) und entsprechende Denkräume.

Literatur:

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Internetadressen:

GKV-Bündnis für Gesundheit: Wegweiser „Sechs Schritte zur gesunden Kita“: www.gkv-buendnis.de/gesunde-lebenswelten/kita/wegweiser-kita/#wegweiser

Gesunde Kita – Starke Kinder (Qualifizierungs- und Umsetzungsprojekt in NRW): www.in-form.de/netzwerk/projekte/gesunde-kita-starke-kinder

Kompetenzzentrum für Gesundheitsförderung in Kitas (Kogeki): www.kogeki.de

Netzwerk Gesunde Kita Brandenburg: www.gesunde-kita.net

Netzwerk Kita und Gesundheit Niedersachsen www.gesundheit-nds.de/index.php/netzwerke/111-netzwerk-kita-und-gesundheit-niedersachsen

Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF): www.weiterbildungsinitiative.de

Verweise:

Betriebliche Gesundheitsförderung, Empowerment/Befähigung, Frühe Hilfen, Öffentlicher Gesundheitsdienst (ÖGD) und Gesundheitsförderung, Partizipation: Mitentscheidung der Bürgerinnen und Bürger, Präventionskette – Integrierte kommunale Gesamtstrategie zur Gesundheitsförderung und Prävention, Public Health Action Cycle / Gesundheitspolitischer Aktionszyklus, Settingansatz/Lebensweltansatz