Gesundheitsförderung und Schule

Peter Paulus , Kevin Dadaczynski

(letzte Aktualisierung am 11.09.2024)

Zitierhinweis: Paulus, P. & Dadaczynski, K. (2024). Gesundheitsförderung und Schule. In: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) (Hrsg.). Leitbegriffe der Gesundheitsförderung und Prävention. Glossar zu Konzepten, Strategien und Methoden.

https://doi.org/10.17623/BZGA:Q4-i051-3.0

Zusammenfassung

Die schulische Gesundheitsförderung hat sich seit Beginn der 1990er-Jahre als ein stetig wachsendes Teilgebiet der Prävention und Gesundheitsförderung etabliert. Ziel ist es, zum einen alle Mitglieder der Schulgemeinschaft zu befähigen, mehr Verantwortung für die eigene Gesundheit und die ihrer Mitmenschen zu übernehmen. Zum anderen sollen sie Gesundheit als eine Ressource verstehen, die schulische Bildungsqualität insgesamt befördern kann. Dafür kommen sowohl verhaltens- als auch verhältnisbezogene Strategien zum Einsatz. Es werden drei grundlegende Formen von Interventionsansätzen unterschieden: (1) die verhaltensbasierte Gesundheitsförderung und Prävention, (2) die „Gesundheitsfördernde Schule“ und (3) die „Gute Gesunde Schule“. Konkrete Maßnahmen reichen dabei von Informationsbroschüren und Aktionstagen über zeitlich begrenzte Unterrichtsprogramme und Veranstaltungen bis hin zu groß angelegten Landesprogrammen und nationalen Aktionsplänen.

Schlagworte

Schulische Gesundheitsförderung, Gute gesunde Schule, Bildung und Gesundheit, Gesundheitskompetenz


Die schulische Gesundheitsförderung ist zu einem komplexen System herangewachsen (Paulus 2022), das durch die Präventionsgesetzgebung von 2015 einen deutlichen Entwicklungsimpuls erhalten hat. Auch die bereits im Jahr 2012 veröffentlichte „Empfehlung zur Gesundheitsförderung und Prävention in der Schule“ der Kultusministerkonferenz (KMK 2012) ist als wichtiger Orientierungsrahmen zu nennen. Hier werden Gesundheitsförderung und Prävention als grundlegende Aufgaben der Schule und integrale Bestandteile von Schulentwicklung verstanden.

Der „Nationale Aktionsplan Gesundheitskompetenz“ aus dem Jahr 2018 knüpft daran an und misst dem Bildungs- und Erziehungssystem in seinen Empfehlungen sowie einem gesonderten Strategiepapier für die Förderung der Gesundheitskompetenz besondere Bedeutung bei. Auch das Fachkonzept der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV 2013) „Mit Gesundheit gute Schule entwickeln“ stellt einen wichtigen Bezugspunkt zur Entwicklung der schulischen Gesundheitsförderung dar. Hier liegt der Fokus vor allem auf der systematischen Verknüpfung von Gesundheit als transformativer Ressource mit Bildung.

Akteurinnen und Akteure in der schulischen Gesundheitsförderung und Prävention

Wenn auch ein umfassender Überblick noch aussteht, beeindruckt die Vielfalt von Akteurinnen und Akteuren im Feld der schulischen Prävention und Gesundheitsförderung, die mit Initiativen, Projekten, Programmen und Ansätzen präventive und gesundheitsförderliche Maßnahmen entwickeln und umsetzen (Dadaczynski et al. 2022), z. B. zu Ernährung, Bewegung, Lebenskompetenz, Sucht, Erlebens- und Verhaltensproblemen. Die Maßnahmen reichen von einfach strukturierten Interventionen (z. B. Unterrichtseinheiten) über ein in Schulen inzwischen weit verbreitetes projektorientiertes Vorgehen bis hin zu komplexen Settingvorhaben, die die ganze Schule oder auch Schulnetzwerke betreffen und z. T. mit kommunalen Partnern durchgeführt werden.

Die Akteurinnen und Akteure kommen aus unterschiedlichen Fachdisziplinen und Forschungsrichtungen, die Projekte richten sich an verschiedene Adressatinnen und Adressaten (Schülerinnen und Schüler, pädagogisch tätiges Personal, Eltern) mit einem vielfach nicht einheitlichen Verständnis von Gesundheit, Gesundheitsförderung und Prävention sowie mit unterschiedlichen Zielen und Qualitätskonzepten (ebd.). Dazu werden sowohl personenbezogene als auch strukturell-systemische Strategien eingesetzt, aus deren Kombination sich trotz der Vielfalt drei grundlegende Realisierungsformen der schulischen Prävention und Gesundheitsförderung ableiten lassen: (1) Kompetenz- und verhaltensbasierte Ansätze, (2) Gesundheitsfördernde Schule und (3) Gute Gesunde Schule (siehe Tab. 1, siehe auch Dadaczynski et al. 2015)

 

Kompetenz- und verhaltensbasierte Ansätze

Gesundheitsfördernde Schule

Gute gesunde Schule

Ausgangspunkt

Gesundheitliche Problemstellung

Gesundheitliche Problemstellung

Schulpädagogische Problemstellung

Zielgruppe

Einzelne Personengruppen (z. B. Schülerinnen und Schüler)

Alle schulischen Personengruppen

Alle schulischen Personengruppen

Sichtweise von Schule

Schule als Ort, an dem man die Zielgruppe erreicht

Schule als Setting, das gesundheitsförderlich gestaltet werden kann

Schule als Institution des Bildungswesens mit Bildungs- und Erziehungsauftrag

Konzept

Gesundheitsförderung in der Schule

Gesundheitsförderung durch die Schule

Bildungsförderung durch Gesundheit

Motto

Gesundheit zum Thema einzelner Zielgruppen machen

Gesundheit zum Thema der Schule machen

Mit Gesundheit gute Schule entwickeln

Strategie

Verbesserung individueller Determinanten von Gesundheit

Verbesserung strukturell-systemischer Determinanten von Gesundheit

Verbesserung strukturell-systemischer sowie methodisch-didaktischer bildungsförderlicher Gesundheitsbedingungen

Outcomes

Gesundheitswissen, -einstellungen, -kompetenzen und -verhalten

Gesunde schulische Rahmenbedingungen und Strukturen

Bildungsförderliche personale und schulische Gesundheitsbedingungen

Tab. 1: Interventionsansätze der schulischen Gesundheitsförderung im Vergleich (Eigene Darstellung)

Kompetenz- und verhaltensbasierte Gesundheitsförderung und Prävention

Kompetenz- und verhaltensbasierte Gesundheitsförderung und Prävention in der Schule umschreibt einen Interventionsansatz, der eher auf die individuellen Determinanten von Gesundheit einzelner Personengruppen (z. B. Schülerinnen und Schüler oder Lehrkräfte) fokussiert. Im Vordergrund stehen das Verhalten sowie seine Bedingungen (z. B. Wissen, Kompetenzen, Einstellungen, Intentionen) und deren gesundheitsförderliche Modifikation. Im Unterschied zum eher traditionellen Ansatz der Gesundheitserziehung, der vor allem auf Gesundheitsdefizite und -risiken ausgerichtet ist, orientieren sich moderne verhaltensbezogene Interventionen an einem ganzheitlichen Verständnis von Gesundheit und sind verstärkt ausgerichtet an der Förderung von Ressourcen und Schutzfaktoren.

Exemplarisch können die vielfältigen Angebote zur Förderung von Lebens- und Gesundheitskompetenzen bei Kindern und Jugendlichen angeführt werden, die im Ziel „Gesund aufwachsen“ als Handlungsfeld in den Bundesrahmenempfehlungen beschrieben sind. Entsprechende Interventionen sind in der Vergangenheit vielfach evaluiert worden und konnten vor allem kurz- und mittelfristig verschiedene Wirkungen auf individueller Ebene nachweisen (Jerusalem & Meixner 2009).

Kritisch diskutiert wird, dass diese Ansätze Schule oftmals nur auf den Zugang zur Zielgruppe etwa durch (projektorientierten) Unterricht begrenzt und das Einflusspotential als Setting auf Gesundheit z. B. durch bauliche Gestaltung nicht oder nur unzureichend adressiert wird. Zudem steht Gesundheit hier ausschließlich als Input und Outcome im Vordergrund, was seitens der schulischen Akteurinnen und Akteure oftmals als „Add On“ zu ihrer schulischen Bildungsarbeit empfunden wird (Dadaczynski et al. 2015).

Neue Impulse haben diese Ansätze in den letzten Jahren durch den Ansatz der Gesundheitskompetenz erfahren. Hier geht es darum, Menschen themen- und zielgruppenübergreifend zu befähigen, gesundheitsbezogene Informationen zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und für eigene Gesundheitsbelange anzuwenden. Mit dieser Kompetenz zur Informationsverarbeitung sollen nicht nur ein direkter Beitrag zur Stärkung der Gesundheit erzielt, sondern auch Voraussetzungen für positive Bildungsentwicklung geschaffen werden (Okan et al. 2020). Im Zuge der seit einigen Jahren zunehmenden Studienzahl sind hierzu inzwischen vermehrt Unterrichts- und Schulprogramme entwickelt worden (für einen Überblick siehe Kirchhoff et al. 2022).

Gesundheitsfördernde Schule

Anders als der kompetenz- und verhaltensbasierte Ansatz rückt die Gesundheitsfördernde Schule (manchmal auch als Gesunde Schule bezeichnet) das Settingkonzept verstärkt in den Blickpunkt. Eine Schule, die nach diesem Interventionsansatz arbeitet, hat es sich zur Aufgabe gemacht, in einem Schulentwicklungsprozess ein Setting zu schaffen, das die auf den Lern- und Arbeitsort Schule bezogene Gesundheit der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrkräfte und des nicht-unterrichtenden Personals fördert bzw. erhält. Aufbauend auf zentralen Grundprinzipien der Gesundheitsförderung (u. a. ganzheitlicher Gesundheitsbegriff, Selbstbestimmung, Partizipation, Empowerment und Salutogenese) orientiert sich die Gesundheitsfördernde Schule an den nachfolgenden Handlungsfeldern (Tab. 2).

Lehren und Lernen

Gesundheit als Thema des Lehrens und Lernens sowie als Gegenstand der Gesundheitsmethodik und -didaktik einer Gesundheitspädagogik

Schulleben und schulische Umwelt

Förderung der Gesundheit durch Schulkultur, -klima sowie durch bauliche Maßnahmen und Schul(umfeld)gestaltung

Kooperation und Dienste

Einbezug außerschulischer Partnerinnen und Partner (z. B. Sozialversicherungsträger, Sportvereine) und psychosozialer bzw. medizinischer Dienste zur Stärkung schulischer Gesundheitsförderung

Schulisches Gesundheitsmanagement

Entwicklung sowie Anwendung von Modellen und Strategien des (schul-)betrieblichen Gesundheitsmanagements

Tab. 2: Vier Handlungsfelder der Gesundheitsfördernden Schule (Eigene Darstellung)

Dieser Ansatz wird oftmals als „ganzheitlich“ beschrieben, weil er neben einem umfassenden Gesundheitsverständnis idealerweise auf verschiedenen Ebenen der Qualitätsentwicklung von Schulen ansetzt (z. B. Unterricht, Personal, Organisation, Ausstattung, auch Schulumfeld) und dabei alle schulischen Personengruppen (Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte, Schulleitungen, nicht-unterrichtendes Personal) gleichermaßen in den Blick nimmt (Paulus & Petzel 2021).

Im Vergleich zu kompetenz- und verhaltensbezogenen Interventionsformen ist die Gesundheitsfördernde Schule hinsichtlich ihrer Wirksamkeit schwieriger zu evaluieren. Der hier verfolgte Ansatz ist wesentlich komplexer; die erhofften Effekte stellen sich erst nach längerer Zeit ein. Dennoch weisen verschiedene Befunde darauf hin, dass dieser Ansatz wirksam sein kann und das Potenzial hat, gegenüber den eher kurzfristigen und ausschließlich auf das Verhalten abzielenden Maßnahmen nachhaltiger zu sein (Langford et al. 2015). So ist es nicht verwunderlich, dass die Gesundheitsfördernde Schule international wie auch seitens der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als das favorisierte Konzept der schulischen Gesundheitsförderung angesehen wird.

Die unterschiedlichen auf europäischer Ebene verfolgten Aktivitäten werden seit 1991 durch das von der WHO initiierte Europäische Netzwerk Gesundheitsfördernder Schulen zusammengeführt. Es wird seit 2017 durch die Stiftung „Schools for Health in Europe (SHE) Network“ weitergeführt, dem aktuell 38 Mitgliedsländer angehören. Seit ihrem Bestehen haben fünf europäische Konferenzen Gesundheitsfördernder Schulen stattgefunden. Die Ergebnisse sind in Form von Statements dokumentiert. Mit der Ende 2019 in Moskau realisierten 5. Europäischen Konferenz Gesundheitsfördernder Schulen wurde diese Tradition fortgeführt, wobei die Wahl des Ortes auch Ausdruck einer Globalisierung ganzheitlicher Ansätze der schulischen Gesundheitsförderung (z. B. in den asiatischen Raum) darstellen sollte. Die Ergebnisse dieser Konferenz sind in Form eines Statements mit 23 Empfehlungen für Forschung, Politik und Praxis verfügbar (Dadaczynski et al. 2020).

Trotz seiner Beliebtheit ist die Schwäche des Ansatzes der Gesundheitsfördernden Schulen vor allem in seiner begrenzten Verbreitung zu sehen. Wie auch bei den verhaltensbezogenen Angeboten wird die Gesundheitsfördernde Schule aus einer gesundheitswissenschaftlichen Perspektive legitimiert und mit Methoden des (schul-)betrieblichen Gesundheitsmanagements umgesetzt. Schulen sind jedoch zuvorderst durch einen Bildungsauftrag legitimiert, in dem Gesundheit oftmals eine untergeordnete Rolle spielt. Vor diesem Hintergrund konnte dieser Ansatz keine Breitenwirksamkeit entfalten. Vielfach war er nur Mittel der Schulprofilierung von einzelnen, besonders an gesundheitlichen Themen interessierten Schulen (Dadaczynski et al. 2022).

Die zunehmende Bedeutung der Gesundheitskompetenz hat auch im Ansatz der Gesundheitsfördernden Schule seinen Niederschlag gefunden. Im Rahmen des Projektes „Gesundheitskompetente Organisation Schule“ (GeKoOrg-Schule) wurden acht Standards einer gesundheitskompetenten Schule entwickelt, die den Ausgangspunkt einer systematischen gesundheitsbezogenen Schulentwicklung markieren (siehe Tab. 3). Sie lehnen sich stark an ganzheitlichen Ansätzen an und machen deutlich, dass Gesundheitsförderung und Gesundheitskompetenz im Setting Schule zusammenzudenken sind.

1

Gesundheitskompetenz in das Leitbild der Schule aufnehmen

Standard 1 sieht vor, dass Schulleitung, Lehrkräfte und Schulpersonal die Stärkung der Gesundheitskompetenz in der Schule als wichtig erachten.

2

Gesundheitskompetenz als Teil der Schulentwicklung

Standard 2 verortet Gesundheitskompetenz auf der Organisations- und Schulentwicklungsebene.

3

Gesundheitskompetenz im Schulalltag stärken und fördern

Standard 3 stellt sicher, dass die Ausgestaltung des Schulalltags dazu beiträgt, Gesundheitskompetenz an der Schule zu fördern.

4

Gesundheitskompetenz für Schülerinnen und Schüler

Standard 4 widmet sich der konkreten Stärkung der Gesundheitskompetenz von Schülerinnen und Schüler im Schul- und Unterrichtsalltag.

5

Ein gesundheitskompetentes Schulteam

Standard 5 fokussiert die Stärkung der Gesundheitskompetenz von Schulleitungen, Lehrkräften und Schulpersonal.

6

Gesundheitskompetente Kommunikation in der Schule

Standard 6 achtet auf einfaches, verständliches Kommunizieren als Prinzip einer gesundheitskompetenten Schule.

7

Gesundheitskompetenz im Schulumfeld stärken

Standard 7 setzt Gesundheitskompetenz im Rahmen schulischer Gesundheitsförderung und Prävention für ein gesundes Schulumfeld ein.

8

Vernetzen und Zusammenarbeiten

Standard 8 stellt die Beteiligung an Netzwerken, die Kooperation und den Austausch zum Thema Gesundheitskompetenz in den Vordergrund.

Tab. 3: Acht Standards der gesundheitskompetenten Schule (Quelle: Kirchhoff et al. 2022)

Gute Gesunde Schule

Zur Überwindung der zuvor beschriebenen Systembarriere einer mangelnden Integration von Gesundheit in Bildung hat sich in den vergangenen 15 Jahren mit der Guten Gesunden Schule ein weiterer Ansatz etabliert, der im Unterschied zu allen bisherigen Konzeptionen die Erziehungs- und Bildungsqualität zum Ziel hat. Ihm geht es um die Bildungsförderung durch Gesundheit. Gesundheit ist also nicht das primäre Ziel, sondern vielmehr eine Ressource im Sinne eines In- und Throughput-Faktors für erfolgreiche Bildungs- und Erziehungsprozesse.

Eine Gute Gesunde Schule ist demnach eine Schule, die durch Gesundheitsinterventionen ihre Erziehungs- und Bildungsqualität insgesamt zu verbessern sucht und zugleich spezifische Gesundheitsbildungsziele verfolgt, die als Teil des schulischen Bildungsauftrages schulgesetzlich in den Ländern geregelt sind (Paulus 2010).

Handlungsfelder der schulischen Gesundheitsförderung werden durch die Dimensionen aufgespannt, wie sie die Bundesländer für ihre Schulen in den jeweiligen Referenzrahmen für Schulqualität vorsehen (Paulus & Petzel 2021; siehe Tab. 3). Zusammengefasst handelt es sich um die folgenden acht Handlungsfelder, denen jeweils Beispielindikatoren der Guten Gesunden Schule zugeordnet sind:

Nr.

Handlungsfeld / Qualitätsdimension

Beispielindikatoren für die Gute Gesunde Schule

1

Rahmenbedingungen

Die Schule verfügt über ein funktionierendes Sicherheitskonzept (Gesundheits- und Arbeitsschutz, Brandschutz, Evakuierungsplan).

2

Schulkultur

Jedes Schulmitglied erfährt gleichermaßen Akzeptanz und Wertschätzung durch eine konstruktive Konfliktkultur, in der soziale Gerechtigkeit und demokratische Partizipation prägend sind.

3

Schulführung und Management

Bei Problemen der Lehrkräfte achtet die Schulleitung auf mögliche berufsbedingte physische und psychische Belastungen und trifft Maßnahmen zu ihrem Abbau.

4

Kooperationen und Außenbeziehungen

Eltern können am Schulleben und der Schulentwicklung aktiv teilhaben und in Gesundheitsteams mitarbeiten.

5

Professionalität der Lehrkräfte und des weiteren pädagogisch tätigen Personals

Mit den Beschäftigten werden proaktiv Bewältigungsstrategien zur Förderung eines konstruktiven Umgangs mit beruflichen Belastungen entwickelt.

6

Lehren und Lernen

Es gibt Lerngelegenheiten, die Gesundheitsaspekte integrieren, die z. B. Bewegung beinhalten, aktives Lernen durch Selbstwirksamkeitserfahrungen der Schülerinnen und Schüler steigern und ihr Selbstwertgefühl schützen, um unbeschwertes Lernen zu ermöglichen.

7

Ergebnisse und Erfolge

Die Schülerinnen und Schüler erfahren, dass Gesundheit ein grundlegendes Menschenrecht ist; sie lernen, mit der eigenen Gesundheit und der Gesundheit anderer verantwortungsbewusst umzugehen.

8

Qualitätsmanagement

Es gibt regelmäßig Evaluationen der Bildungs- und Gesundheitsqualität der Schule.

Tab. 4: Handlungsfelder/Qualitätsdimensionen Gute gesunde Schulen (Eigene Darstellung)

Damit läutet dieser Ansatz nicht nur einen Perspektivwechsel in Richtung einer Annäherung an den Kernauftrag von Schule ein, er entspricht auch aktuellen empirischen Befunden, die darauf hinweisen, dass Gesundheit einen Einfluss auf Bildungsergebnisse und deren Determinanten (z. B. Lernmotivation) haben kann (Dadaczynski 2012; von Simson et al. 2022). In der „Good Healthy School Initiative“ wird dieser Ansatz inzwischen auch weltweit verbreitet.

Wahl des Interventionsansatzes

Die drei hier vorgestellten Interventionsansätze sind als grundlegende Realisierungsformen zu verstehen. Auch wenn die ganzheitlichen settingbezogenen Ansätze der Gesundheitsfördernden Schule und der Guten Gesunden Schule gegenüber den ausschließlich verhaltensbezogenen Maßnahmen als überlegener und nachhaltiger eingestuft werden, stellt sich die Frage, welcher Interventionsansatz zu wählen ist. Dies ist immer vor dem Hintergrund der spezifischen Bedarfe und Erfahrungen jeder einzelnen Schule zu beantworten.

So sind die ganzheitlichen Settingansätze in Schulen, die kaum Erfahrung in der Umsetzung von Organisations- und Schulentwicklungsansätzen haben, nur bedingt realisierbar. Daher können Maßnahmen mit geringerer Komplexität und zeitlich begrenztem Fokus ein sinnvoller und wirksamer Einstieg sein, der mit zunehmender Erfahrung und sich einstellenden Erfolgserlebnissen um weitere systematische Entwicklungsansätze und eine Ausrichtung an Bildungsqualitäten erweitert werden kann.

Neben der Frage, wie landes- oder bundesweite Initiativen nachhaltig verbreitet werden können, beschäftigt sich die schulische Gesundheitsförderung zunehmend mit der Frage, wie und unter welchen Bedingungen eine Implementierung in einzelnen Schulen erfolgreich gestaltet werden kann. Sie kommt damit der Praxis entgegen, die eine an den Bedarfslagen der einzelnen Schule ausgerichtete Interventionsplanung für erforderlich hält. Aktuelle Studien verweisen u. a. darauf, dass die Unterstützung der Schulleitung, das Zutrauen in die Fähigkeit zur Gestaltung und Umsetzung von Maßnahmen und auch positive Einstellungen bezüglich der Bedeutung von Gesundheitsförderung wichtige Gelingensbedingungen nachhaltiger gesundheitsförderlicher Veränderungsprozesse sind (Dadaczynski 2024; Herlitz et al. 2020).

Literatur:

Dadaczynski, K. (im Erscheinen). Schulleitungen und Gesundheit. Überblick über Perspektiven, Befunde und Ansätze für die schulische Gesundheitsförderung. Die Deutsche Schule, 116(4).

Dadaczynski, K., Okan, O., de Bock, F. & Koch-Gromus, U. (2022). Schulische Gesundheitsförderung und Prävention in Deutschland. Aktuelle Themen, Umsetzung und Herausforderungen. Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz, 65, S. 737−740. https://doi.org/10.1007/s00103-022-03558-3.

Dadaczynski, K., Jensen, B. B., Viig, N. G., Sormunen, M., von Seelen, J., Kuchma, V. & Vilaça, T. (2020). Health, well-being and education: Building a sustainable future. The Moscow statement on health promoting schools. Health Education, 120(1), p. 11−19. https://doi.org/10.1108/HE-12-2019-0058.

Dadaczynski, K., Paulus, P., Nieskens, B. & Hundeloh, H. (2015). Gesundheit im Kontext von Bildung und Erziehung – Entwicklung, Umsetzung und Herausforderungen der schulischen Gesundheitsförderung in Deutschland. Zeitschrift für Bildungsforschung, 5(2), S. 197–218. https://doi.org/10.1007/s35834-015-0122-3.

Dadaczynski, K. (2012). Stand der Forschung zum Zusammenhang von Gesundheit und Bildung: Überblick und Implikationen für die schulische Gesundheitsförderung. Zeitschrift für Gesundheitspsychologie, 20, S. 141–153. https://doi.org/10.1026/0943-8149/a000072.

DGUV – Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (2013). Mit Gesundheit gute Schulen entwickeln. DGUV-Information 202−083. Zugriff am 11.09.2024. unter https://publikationen.dguv.de/regelwerk/regelwerk-nach-fachbereich/bildungseinrichtungen/schulen/2602/mit-gesundheit-gute-schulen-entwickeln.

Jerusalem, M. & Meixner, S. (2009). Lebenskompetenzen. In: A. Lohaus & H. Domsch (Hrsg.). Psychologische Förder- und Interventionsprogramme für das Kindes- und Jugendalter (S. 141−157). Berlin, Heidelberg: Springer.

Herlitz, L., MacIntyre, H., Osborn, T. & Bonell, C. (2020). The sustainability of public health interventions in schools: A systematic review.Implementation Science, 15, p. 1−28. https://doi.org/10.1186/s13012-019-0961-8.

KMK – Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (2012). Empfehlung zur Gesundheitsförderung und Prävention in der Schule. Zugriff am 11.09.2024 unter https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2012/2012_11_15-Gesundheitsempfehlung.pdf.

Kirchhoff, S., Krudewig, C. & Okan, O. (2022). Unterrichtsmaterialien und Schulprogramme zur Stärkung der Gesundheitskompetenz. Materialsammlung für Schulen. Gefördert durch das Bundesministerium für Gesundheit. Technische Universität München. doi.org/10.14459/2022md1688088.

Langford, R., Bonell, C., Jones, H., Pouliou, T., Murphy, S., Waters, E. & Campbell, R. (2015). The World Health Organization’s health promoting schools framework: A Cochrane systematic review and meta-analysis. BMC Public Health, 15:130. https://doi.org/10.1186/s12889-015-1360-y.

Okan, O., Paakkari, L. & Dadaczynski, K. (2020). Health literacy in schools. State of the art. Schools for Health in Europe (SHE) network. Zugriff am 11.09.2024 unter https://www.schoolsforhealth.org/sites/default/files/editor/fact-sheets/factsheet-2020-english.pdf.

Paulus, P. (2010). Bildungsförderung durch Gesundheit: Bestandsaufnahme und Perspektiven für eine Gute Gesunde Schule: Weinheim: Juventa.

Paulus, P. (2022). Schulische Gesundheitsförderung von Ottawa bis heute: Chancen und Herausforderungen. Bundesgesundheitsblatt − Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz, 65, S. 741–748. doi.org/10.1007/s00103-022-03550-x.

Paulus, P. & Petzel, T. (2021). Systematische Analyse von Strukturen, Bedingungen und Akteurinnen und Akteure für Qualitätsmanagement hinsichtlich Gesundheitsförderung und Prävention in der Lebenswelt Schule. Ergebnisbericht. Berlin: GKV-Spitzenverband.

von Simson, K., Brekke, I. & Hardoy, I. (2022). The impact of mental health problems in adolescence on educational attainment. Scandinavian Journal of Educational Research, 66(2), p. 306–320. https://doi.org/10.1080/00313831.2020.1869077.

Internetadressen:

Europäisches Netzwerk der nationalen Netzwerke Gesundheitsfördernder Schulen/Guter Gesunder Schulen: www.schoolsforhealth.org

Grüne Liste Prävention: www.gruene-liste-praevention.de

Gesund Leben Lernen: www.gll-nds.de

Landesprogramm Bildung und Gesundheit NRW: www.bug-nrw.de

Nationaler Aktionsplan Gesundheitskompetenz: www.nap-gesundheitskompetenz.de

Niedersächsische Landesinitiative Gesundheit – Bildung – Entwicklung: www.dieinitiative.de

Programm für die Primar- und Sekundarstufe: Mit psychischer Gesundheit gute Schule entwickeln: www.mindmatters-schule.de

Schulportal Lernen und Gesundheit: www.dguv-lug.de

Good Healthy School Initiative: www.goodhealthyschools.com